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Inflation bei 10 Prozent – Nahrungsmittel bei 21 Prozent

Dez 13, 2022 ,
Verbraucher mussten im November 21,1 Prozent mehr für Nahrungsmittel zahlen als im November 2021. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Moritz Frankenberg/dpa/Symbolbild)

Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines leichten Rückgangs im November hartnäckig auf hohem Niveau und erfasst immer weitere Bereiche des täglichen Lebens. Die Verbraucherpreise stiegen im November gegenüber dem Vormonat um 10,0 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag eine erste Schätzung. Im Oktober hatte die Jahresinflationsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit etwa 70 Jahren erreicht. Volkswirte sehen in der Abschwächung im November noch keinen Grund zur Entwarnung.

«Die Inflationsrate verweilt trotz leichter Entspannung bei den Energiepreisen mit 10,0 Prozent weiterhin auf einem hohen Stand», sagte der Präsident der Wiesbadener Behörde, Georg Thiel. «Wir beobachten zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Waren neben der Energie.»

Hohe Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern und zehren Einkommenszuwächse auf. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Bei einer YouGov-Umfrage unter mehr als 2000 Menschen in Deutschland gaben im November 23 Prozent an, in den vergangenen drei Monaten meistens oder immer Schwierigkeiten beim Lebensmitteleinkauf gehabt zu haben. Mehr als die Hälfte (59 Prozent) haben bei den gewohnten Ausgaben bereits den Rotstift angesetzt. Gut zwei Drittel (67 Prozent) der Verbraucher gehen davon aus, ihre Ausgaben zu kürzen oder weiter zu verringern.

Energie 38,7 teurer als im Vorjahresmonat

Angeschoben wird die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft seit Monaten von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen. Energie kostete im November 38,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Preisanstieg schwächte sich nach einem Zuwachs von 43 Prozent im Oktober damit etwas ab.

Für Nahrungsmittel mussten Verbraucher 21,1 Prozent mehr zahlen als im November 2021. Seit Jahresbeginn hat sich der Preisauftrieb den Angaben zufolge hier schrittweise verstärkt. Erheblich teurer wurden binnen eines Jahres Speisefette und Speiseöle (plus 41,5 Prozent), spürbare Anstiege gab es auch bei Molkereiprodukten und Eiern (plus 34,0 Prozent), Brot und Getreideerzeugnissen (plus 21,1 Prozent) sowie Gemüse (plus 20,1 Prozent).

Eine Analyse des Ifo-Instituts sieht neben den gestiegenen Kosten auch höhere Gewinne der Unternehmen hinter der aktuellen Inflation. «Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern», erklärte Ifo-Experte Joachim Ragnitz. Dies dürfte die Inflation verstärkt haben. Allerdings stellt er auch klar, dass die Inflation insgesamt «zu einem ganz erheblichen Teil» tatsächlich auf die gestiegenen Kosten der Unternehmen zurückzuführen sei.

Erstmals seit Juli schwächte sich die Jahresinflation wieder etwas ab. Im Sommer hatten zeitlich befristete Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt den Preisauftrieb gedämpft. Viele Ökonomen rechneten zuletzt aber erst im Frühjahr mit einem deutlicheren Rückgang der Jahresteuerung. Bundesbankpräsident Joachim Nagel geht davon aus, dass die Inflationsrate in Deutschland auch im kommenden Jahr hoch bleibt. «Ich halte es für wahrscheinlich, dass im Jahresdurchschnitt eine Sieben vor dem Komma stehen wird», sagte er jüngst.

Im Vergleich zum Vormonat sanken die Verbraucherpreise im November insgesamt um 0,5 Prozent.

Milliardenschwere Entlastungspakete

Die Bundesregierung will die Belastungen für Verbraucher und Unternehmen durch die hohen Energiepreise mit milliardenschweren Entlastungspaketen abfedern. Dazu zählen auch die ab kommendem Jahr geplanten Gas- und Strompreisbremsen. Im Dezember gibt es eine einmalige Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden. Sie müssen in diesem Monat keinen Abschlag zahlen. Die Kosten übernimmt der Bund.

Teuerungsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern wurden Raten um die 10 Prozent und darüber Anfang der 50er Jahre gemessen. Allerdings hat sich die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich inzwischen mit einer Serie von Zinserhöhungen gegen die hohe Inflation im Euroraum. Eine weitere Anhebung wird bei der Sitzung des EZB-Rates an diesem Donnerstag erwartet. Die Währungshüter streben für den gemeinsamen Währungsraum der 19 Länder mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. In Deutschland lag der für die Geldpolitik der Notenbank maßgebliche Index HVPI im November um 11,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.